Heimarbeit in Velbert

Definition: Heimarbeit ist eine Form der Arbeitsorganisation, die außerhalb der Produktionsstätte eines Unternehmens stattfindet. Hier wird unterschieden zwischen zentraler Arbeitsorganisation, in den Produktionsräumen eines Unternehmens, und dezentraler Arbeitsorganisation, in einer Arbeitsstätte, die die Arbeitskraft selbst wählt, meist die eigene Wohnung oder eine Wohnungs-nahe Räumlichkeit, wie Keller, Garage oder Werkstatt. Heimarbeit wurde auch häufig „Hausindustrie“ genannt, die nicht selten am heimischen Küchentisch erledigt wurde.

Organisation: Das Unternehmen stellt dabei die Arbeits- und Produktionsmittel zu Verfügung. Dazu werden Material und auch Werkzeuge zu den Heimarbeitenden gebracht. Die Heimarbeitenden führen entsprechend der Vorgaben des Unternehmens bestimmte Arbeitsaufgaben durch. Die so produzierten Vor-, Zwischen- oder Endprodukte werden dann von dem Unternehmen wieder abgeholt, dem weiteren Produktionsprozess zugeführt oder an den Endabnehmer weitergeleitet.

Beteiligte: In den 1950er, 1960er und bis in die 1970er Jahre hinein wurde Heimarbeit in Velbert als zusätzliche Einkommensquelle angeboten und genutzt. Für Heimarbeit wurden oft Familienangehörige von Mitarbeitern rekrutiert, die bereits für das jeweilige Unternehmen arbeiteten. Oft gab es keinen Arbeitsvertrag, sondern mündliche Absprachen und eine Vereinbarung „per Handschlag“. Das Einkommen aus der Heimarbeit half dabei, das oft insgesamt spärliche Einkommen aufzubessern. Heimarbeit wurde häufig von Frauen (Ehefrauen, Mütter, Großmütter) wahrgenommen, die hier und da Hilfe von den Kindern und Enkeln bei der Heimarbeit erhielten.

Bezahlung: Die Bezahlung erfolgte meist einmal wöchentlich auf der Basis der produzierten Stückzahlen. Das Geld wurde nicht etwa auf ein Konto überwiesen, denn viele Menschen hatten zu der Zeit kein Konto, sondern es wurde in bar und per Lohntüte ausgezahlt, die meist am Wochenende mit der Materiallieferung zu den Heimarbeitenden nach Hause gebracht wurde.

Vor- und Nachteile: Heimarbeit bot den Vorteil, dass Wege zur zentralen Arbeitsstätte des Unternehmens entfielen und auch Fahrtkosten gespart werden konnten. Zudem ermöglichte die Heimarbeit auch, die Betreuung von Kindern oder älteren Familienmitgliedern zuhause in Einklang mit dem Gelderwerb zu bringen. Weiterhin konnte die Arbeit frei und ohne Einfluss von Vorgesetzten eigenständig geplant und durchgeführt werden. Größter Nachteil von Heimarbeit ist wohl, dass keine klare Trennung von Privatsphäre und Arbeitsauftrag erfolgt.

Was wurde in Heimarbeit gemacht? Bei den Arbeiten, die zuhause durchgeführt werden konnten, handelte es meist um leichte Montagearbeiten rund um die Produkte der Velberter Schloss- und Beschläge-Industrie. So wurden beispielsweise Schlösser montiert, aber auch Zylinder für Schlösser zusammengebaut, Autoschlösser und Möbelschlösser gefertigt, Schlauchklemmen und Metall-Klemmringe aus Einzelteilen zusammengefügt oder aber auch Ersatzteile und Zubehörteile in Tütchen einsortiert. Gerade für die filigranen Montagearbeiten mit kleinen Metall-Teilen und Federchen waren die meist weiblichen Heimarbeitenden gut geeignet und konnten aufgrund ihrer Fingerfertigkeit und Geschicklichkeit schnell die geforderte Stückzahl erreichen.

Welche Firmen boten Heimarbeit an? Firmen, die in Velbert Heimarbeit anboten, waren zum Beispiel: Karl Fliether (Nevigeser Straße), Arthur Lupp, Vitz, BKS, Schlemper, Gebrüder Schmid (Friedrich Straße/Bergische Straße), Knap, Freitag (damals Meerstraße), HuF, Flieter, OGRO Otto Großsteinbeck (Friedrichstraße), Kiekert. (Diese Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es können auch noch andere Firmen Heimarbeit angeboten haben.)